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Afrikanerinnen in Stein

Auch wenn die sozial engagierten und akademisch gebildeten Afrikanerinnen zum Anschauungsunterricht nach Deutschland kamen, so war es um die gesellschaftliche Stellung der Frau während der Adenauer-Ära – der 88-jährige hielt die Regierungsgeschäfte bis 1963 entgegen allen vorherigen Zusagen auf parteiinternen Druck hin eisern in der Hand – nicht sehr gut bestellt: Nur fünf Jahre zuvor – im Juni 1958 – hatte die Entscheidung der Landessynode der Pfalz bundesweit für Aufsehen gesorgt, Frauen die Amtsbezeichnung „Pfarrerin“ in Verbindung mit einer vollen Pfarrstelle zu verleihen. Die Nürnberger Nachrichten berichteten: „Besonders die Pfarrer machten geltend, dass einer Frau niemals ein volles Pfarramt verliehen werden könne. Das Neue Testament schließe eine solche Möglichkeit aus. Die Frauen, die nach dem Neuen Testament dem Mann nicht voll gleichgestellt sind, hätten in der Kirche genügend Spielraum, sich der Pflege und Seelsorge zu widmen.“ Ein Jahr darauf – 1959 – zog Ingeborg Geisendörfer, die Gattin des Leiters des Evangelischen Pressehauses, als erste Frau in die bayerische Landessynode ein, nachdem sie bereits 1953 schon ihr erstes Bundestagsmandat errungen hatte.

Heuss beim Mütterdienst

Elly Heuss-Knapp, die schon 1952 verstorbene Gattin des damaligen Bundes-präsidenten, war eng mit Frau Dr. Antonie Nopitsch, der Leiterin des Mütterdienstes, verbunden. Nopitsch und sie hatten 1950 das Müttergenesungswerk mit Sitz in Berlin ins Leben gerufen (voller Name: Elly Heuss-Knapp-Stiftung, Deutsches Müttergenesungswerk). Die Schirmherrschaft hat seitdem die Gattin des jeweiligen Bundespräsidenten inne. Heuss-Knapp war hoch gebildet, vielseitig interessiert und politisch aktiv. Schon während ihres Volkswirtschaftsstudiums, das sie nach ihrer Lehrerinnenausbildung begann, hielt sie politische Vorträge. Als Frauen zur Wahl der Nationalversammlung 1919 erstmals in Deutschland das passive und aktive Wahlrecht erhielten, ließ sie sich aufstellen. Auch kirchlich war sie interessiert und engagiert; der Arzt und Theologe Albert Schweitzer, mit dem die Familie befreundet war, hatte das Ehepaar Heuss 1908 getraut, in den 20er Jahren war Heuss-Knapp in der Gemeinde von Otto Dibelius in Berlin aktiv.

Glocke für NeuguineaKain und Abel auf der StraßeMänner legen Hand anKirchentag LeipheimBilly GrahamKirchenburg an der GrenzeDen Lebenden zur UmkehrAlter RiterordenKirche im Zirkus

Martin Lagois und „Der Blick vom Kirchturm“

Er fuhr mit einem alten VW-Kombi über Sandpisten zu brasilianischen Indianers und berichtete aus dem Busch von Neuguinea, fotografierte wertvolle Skulpturen und Gemälde in Franken und filmte mit seiner 16-mm-Filmkamera das evangelische Leben in Bayern: Martin Lagois prägte die bayerische evangelische Publizistik wie kaum ein anderer.

Als Nachkomme von Hugenotten 1912 im altmärkischen Lagendorf (Sachsen-Anhalt) geboren, folgte er dem Beruf seines Vaters und studierte Theologie. Nach seiner Ordination führte ihn seine erste Stelle 1938 als Hilfsprediger zur damals noch sehr kleinen evangelischen Gemeinde in Rom. – Zu einer Zeit, in der „alle anderen in Deutschland sein und mitsiegen“ wollten, wie er es später einmal formulierte. Zwei Jahre darauf wechselte er nach dem Bürgerkrieg als Reiseprediger ins spanische Bilbao, bis er 1943 zum Wehrdienst einberufen wurde.

Nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft begann er zunächst als „Amtsaushilfe“ in Nürnberg, 1948 wurde er offiziell in den Pfarrdienst der Evang.-Luth. Landeskirche in Bayern aufgenommen. Robert Geisendörfer gewann ihn bald als Redakteur für den Evangelischen Presseverband mit der Aufgabe, Nachrichten und Berichte aus dem kirchlichen Leben für das Sonntagsblatt und regionale BayernTageszeitungen zu schreiben. Aus Ärger über die mangelnde Professionalität einiger Pressefotografen begann Martin Lagois damals selbst zu fotografieren und erwarb sich rasch einen guten Ruf als ausgzeichneter Fotograf. Fortan reiste er mit Notizblock und Kamera für seine Artikel durch die fränkischen Gemeinden. Auch Kunst, Kultur und Soziales fiel in sein Metier.

Marie Flierl, die die Evangelische Bildkammer leitete, bat Lagois Mitte der 50er Jahre, bei seinen Reisen auch Filmaufnahmen mit einer kleinen 16-mm-Kamera zu machen. Die Idee für eine aktuelle kirchliche Zeitschau zum Austausch über das Leben und besondere Ereignisse in Gemeinden und Dekanaten war geboren.

In Analogie zum „Blick in die Welt“ – einer monatlichen Beilage zu den „Nachrichten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern im Auftrag des Evang.-Luth. Zentralverbandes für Äußere Mission“ – wurde der Titel „Blick vom Kirchturm“ gewählt. Die Reihe sollte über die vielen Liebeswerke der Inneren Mission berichten. Dabei wurde die jeweils aktuellste Folge bei den Gemeindeeinsätzen der Filmmissionare von der Bildkammer als Vorfilm zum jeweiligen Hauptfilm gezeigt.

Die Reihe kam von Anfang an gut an und wurde vor allem von den ländlichen Gemeinden dankbar angenommen. Im Laufe der Zeit steigerte sich die Qualität, so dass Martin Lagois gebeten wurde, anlässlich des Evangelischen Kirchentages 1959 in München einen Film für das Fernsehen zu drehen. Das Bayerische Fernsehen stellte ihm den Redakteur Dr. Richard Dill mit einem neunköpfigen Film-Team zur Seite. Am Abend des 7. August 1959 verfolgte die gesamte Republik am Bildschirm den Film „Wo der Kirchentag zu Gast ist - Aus der Arbeit der Evang.-Luth. Kirche in Bayern“ , der eine Brücke in die Zeit der Reformation schlug.

Es folgten weitere Produktionen für das Fernsehen, auch Reportagen aus dem Ausland. Martin Lagois bereiste Papua-Neuguinea, Tansania und viele Länder Süd- und Mittelamerikas und des Nahen Ostens. Neben dem Filmmaterial für die Sendeanstalten brachte er auch immer wieder Dias für die Evangelische Bildkammer mit und produzierte sogenannte „Tonbild-Schauen“: Dia-Serien mit einem Tonband, das – wie beim „Blick vom Kirchturm“ – meist von professionellen Sprechern des Bayerischen Rundfunks und des Nürnberger Schauspielhauses besprochen wurden. Diese Arbeit führte Martin Lagois – seit 1979 Träger des Bundesverdienstkreuzes – noch Jahre über seine Pensionierung hinaus fort. Eine dieser Tonbild-Schauen befindet sich auf der DVD – sie ist eine der wenigen, die Martin Lagois selbst besprochen hat.

Am 27. Januar 1997 verstarb Martin Lagois im Alter von 84 Jahren in seiner Wahlheimat Nürnberg.

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Martin Lagois 1967 bei der Vorbereitung einer Brasilien-Reise.
© epd-Bild/Bayern



Aus seinem umfangreichen Nachlass publizierte der Claudius-Verlag posthum den Bildband „Frommes Franken“, weitere Bilder sind im Online-Archiv des evangelischen Presseverbandes unter www.fotofranken.de zugänglich. 2008 wurde erstmals der „Martin-Lagois-Fotopreis“ ausgeschrieben, der im Zweijahresrhythmus herausragende Pressefotos aus dem Themenbereich Kirche, Religion und Soziales auszeichnet.

Artikel von: Rieke Harmsen, Christian Heller

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