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Landesposaunentag Hof

Im Vorfeld dieses Posaunentages zeichneten sich Schwierigkeiten von Seiten der Teilnehmer ab: Viele hatten eine Land- bzw. Viehwirtschaft, deren Versorgung sie ihren Frauen allein – vor allem im Sommer – nicht für zwei volle Tage zumuten konnten. Etliche Chöre baten deshalb darum, nur am Sonntag teilnehmen zu dürfen – „ohne bös angeschaut zu werden“. Die Organisatoren des Verbandes hielten dagegen, dass die für Samstag geplante „Bläserfeierstunde“ als ein Höhepunkt des zweitägigen Treffens gedacht war. „Außerdem soll sich doch die große Bläserfamilie dadurch auch etwas näher kommen, was an einem kurzen Tag ganz unmöglich ist“, schrieben sie nach reichlichen Überlegungen in einem Standardbrief, der trotzdem eine „Ausnahme“ zuließ.

Wiege der Posaunen

Die im Film portraitierte Instrumentenwerkstatt ist immer noch im Familienbesitz. Zehn Mitarbeiter beschäftigt der Enkel des schon 1968 verstorbenen Meisters Dotzauer. An der Herstellung der Instrumente hat sich in all den Jahren kaum etwas verändert. Sie ist immer noch reine Handarbeit, die durchschnittlich 30-35 Stunden in Anspruch nimmt, ehe ein Instrument fertig ist. Da vier Fünftel der Posaunen individuell nach Kundenwünschen gefertigt werden, können es aber auch 80 Stunden und mehr werden. Darin unterscheiden sich die Produkte der Qualitätswerkstatt von massenhaft angebotener Billigware aus Fernost, die auf den europäischen Markt drängt.

Landesposaunentag Gunzenhausen

Die Geschichte der geistlichen Bläsermusik reicht bis in die Antike zurück. Ihre bekannteste biblische Erwähnung findet die Posaune – eigentlich war es ein Widderhorn („schofar“), das Luther mit „Posaune“ übersetzte – beim Einsturz der Mauern von Jericho. Doch erst seit der Erfindung von Klappen und Ventilen (ca. 1820) war für Laien das Erlernen unserer modernen Blechblas-Instrumente möglich. Der Anstoß für die Posaunenchorarbeit in Deutschland ging von der Erweckungsbewegung Mitte des 19. Jahrhunderts in Ostwestfalen aus (Minden-Ravensberg). Pionierarbeit leisteten der Pastor Eduard Kuhlo mit seinem „Posaunenbuch“ von 1881 und sein Sohn Johannes Kuhlo (1856-1941), der seine Arbeit fortsetzte. Das Besondere der kirchlichen Posaunenchöre ist, dass ihre Noten „in C“, also klingend, notiert sind. Die Literatur für säkulare Blaskapellen ist traditionell transponierend „in B“ geschrieben, so dass kirchlich ausgebildete Bläser nicht ohne weiteres „auf dem Tanzboden“ mitspielen können. Heute umfasst der Evangelische Posaunendienst in Deutschland e.V. rund 7.000 Chöre mit etwa 100.000 Mitgliedern, ca. 18.000 von ihnen kommen aus Bayern. 2008 fand in Leipzig der erste gesamte Deutsche Evangelische Posaunentag seit über 50 Jahren statt – 16.000 Teilnehmer sorgten für einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde als größter Posaunenchor der Welt.

Dienst mit der Posaune

„Wie im Himmel! Im Himmel kann es auch nicht schöner sein“, begeisterte sich eine Zuhörerin. „Got hat die Kraf und die Freudigkeit für die Durchführung geschenkt, unsere Bläser waren willig zum Dienst“, hieß es in Dankesbriefen von Landesposaunenwart Georg Grosch, der mit dem Verlauf des dreitägigen Trefens mehr als zufrieden sein konnte. Dennoch wurde auch Verbesserungspotenzial erkannt: Ein Kantor bemängelte: „Geblasen waren die Lieder gut, nur die Pausen zwischendrin waren zu lang.“ An anderer Stelle hielt er fest: „Achtung auf das Choraltempo: die anwesenden Leute sangen vielfach schneller, als der Chor blies!“

Glocke für NeuguineaKain und Abel auf der StraßeMänner legen Hand anKirchentag LeipheimBilly GrahamKirchenburg an der GrenzeDen Lebenden zur UmkehrAlter RiterordenKirche im Zirkus

Martin Lagois und „Der Blick vom Kirchturm“

Er fuhr mit einem alten VW-Kombi über Sandpisten zu brasilianischen Indianers und berichtete aus dem Busch von Neuguinea, fotografierte wertvolle Skulpturen und Gemälde in Franken und filmte mit seiner 16-mm-Filmkamera das evangelische Leben in Bayern: Martin Lagois prägte die bayerische evangelische Publizistik wie kaum ein anderer.

Als Nachkomme von Hugenotten 1912 im altmärkischen Lagendorf (Sachsen-Anhalt) geboren, folgte er dem Beruf seines Vaters und studierte Theologie. Nach seiner Ordination führte ihn seine erste Stelle 1938 als Hilfsprediger zur damals noch sehr kleinen evangelischen Gemeinde in Rom. – Zu einer Zeit, in der „alle anderen in Deutschland sein und mitsiegen“ wollten, wie er es später einmal formulierte. Zwei Jahre darauf wechselte er nach dem Bürgerkrieg als Reiseprediger ins spanische Bilbao, bis er 1943 zum Wehrdienst einberufen wurde.

Nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft begann er zunächst als „Amtsaushilfe“ in Nürnberg, 1948 wurde er offiziell in den Pfarrdienst der Evang.-Luth. Landeskirche in Bayern aufgenommen. Robert Geisendörfer gewann ihn bald als Redakteur für den Evangelischen Presseverband mit der Aufgabe, Nachrichten und Berichte aus dem kirchlichen Leben für das Sonntagsblatt und regionale BayernTageszeitungen zu schreiben. Aus Ärger über die mangelnde Professionalität einiger Pressefotografen begann Martin Lagois damals selbst zu fotografieren und erwarb sich rasch einen guten Ruf als ausgzeichneter Fotograf. Fortan reiste er mit Notizblock und Kamera für seine Artikel durch die fränkischen Gemeinden. Auch Kunst, Kultur und Soziales fiel in sein Metier.

Marie Flierl, die die Evangelische Bildkammer leitete, bat Lagois Mitte der 50er Jahre, bei seinen Reisen auch Filmaufnahmen mit einer kleinen 16-mm-Kamera zu machen. Die Idee für eine aktuelle kirchliche Zeitschau zum Austausch über das Leben und besondere Ereignisse in Gemeinden und Dekanaten war geboren.

In Analogie zum „Blick in die Welt“ – einer monatlichen Beilage zu den „Nachrichten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern im Auftrag des Evang.-Luth. Zentralverbandes für Äußere Mission“ – wurde der Titel „Blick vom Kirchturm“ gewählt. Die Reihe sollte über die vielen Liebeswerke der Inneren Mission berichten. Dabei wurde die jeweils aktuellste Folge bei den Gemeindeeinsätzen der Filmmissionare von der Bildkammer als Vorfilm zum jeweiligen Hauptfilm gezeigt.

Die Reihe kam von Anfang an gut an und wurde vor allem von den ländlichen Gemeinden dankbar angenommen. Im Laufe der Zeit steigerte sich die Qualität, so dass Martin Lagois gebeten wurde, anlässlich des Evangelischen Kirchentages 1959 in München einen Film für das Fernsehen zu drehen. Das Bayerische Fernsehen stellte ihm den Redakteur Dr. Richard Dill mit einem neunköpfigen Film-Team zur Seite. Am Abend des 7. August 1959 verfolgte die gesamte Republik am Bildschirm den Film „Wo der Kirchentag zu Gast ist - Aus der Arbeit der Evang.-Luth. Kirche in Bayern“ , der eine Brücke in die Zeit der Reformation schlug.

Es folgten weitere Produktionen für das Fernsehen, auch Reportagen aus dem Ausland. Martin Lagois bereiste Papua-Neuguinea, Tansania und viele Länder Süd- und Mittelamerikas und des Nahen Ostens. Neben dem Filmmaterial für die Sendeanstalten brachte er auch immer wieder Dias für die Evangelische Bildkammer mit und produzierte sogenannte „Tonbild-Schauen“: Dia-Serien mit einem Tonband, das – wie beim „Blick vom Kirchturm“ – meist von professionellen Sprechern des Bayerischen Rundfunks und des Nürnberger Schauspielhauses besprochen wurden. Diese Arbeit führte Martin Lagois – seit 1979 Träger des Bundesverdienstkreuzes – noch Jahre über seine Pensionierung hinaus fort. Eine dieser Tonbild-Schauen befindet sich auf der DVD – sie ist eine der wenigen, die Martin Lagois selbst besprochen hat.

Am 27. Januar 1997 verstarb Martin Lagois im Alter von 84 Jahren in seiner Wahlheimat Nürnberg.

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Martin Lagois 1967 bei der Vorbereitung einer Brasilien-Reise.
© epd-Bild/Bayern



Aus seinem umfangreichen Nachlass publizierte der Claudius-Verlag posthum den Bildband „Frommes Franken“, weitere Bilder sind im Online-Archiv des evangelischen Presseverbandes unter www.fotofranken.de zugänglich. 2008 wurde erstmals der „Martin-Lagois-Fotopreis“ ausgeschrieben, der im Zweijahresrhythmus herausragende Pressefotos aus dem Themenbereich Kirche, Religion und Soziales auszeichnet.

Artikel von: Rieke Harmsen, Christian Heller

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